Fotoreise 2012, Plessa, Identity

Rötlich diffuses Licht dämmert durch die opaken, mit Ruß beschlagenen Fenster des mehrstöckigen Kesselhauses. Wabenförmiges Streckmetall rastert das, was an Helligkeit übrig bleibt und wirft bizarre Schatten. Armdicke schwarze Kabel winden sich im Strang empor, vorbei an genietetem Stahl, Treppen mit Querungen und speisen zimmergroße, blecherne Schränke. Die seriell angeordneten Schalter heißen "Pumpe 1", "Buchholz-Warnung", "Keil fest" und "Gleichstrom 6 KV fehlt". Hinter beschlagenen Bullaugen geben Zeiger Klarheit über die Druckverhältnisse. Ein Schild an Kessel 1 datiert die letzte innere Revision. Ein Ofen hat seine gusseiserne Feuerluke gierig aufgerissen. Ölverschmierte hydraulische Kolben stemmen die Luftzufuhr. Das Licht verschwindet im schwarzen Loch. Es riecht nach Karbolineum. Neben Asche und Kohlenstaub gibt es auch Räume mit einer besonderen Klarheit, Sauberkeit und Reinheit- das Maschinenhaus und die zentralen Steuerungsräume.

Die Schroffheit der alten Industriearchitektur, die kargen und spröden Räume, das diffuse und weiche Licht des Kraftwerkes Plessa ist Kulisse und Fotostudio zugleich für die Arbeit an unserem Workshopthema „Identität“. „Identität“- Wahrnehmung des Ich, Blicke auf uns Selbst und auf den Anderen gegenüber.

Unser Basislager schlugen wir in der „Waldidylle“ Haida auf. Roi und Michaela hatten als Fotomodelle ihre Kids mitgebracht. Unsere Seminarsprache war neben der ästhetischen Sprache unserer Bilder deutsch-englisch-hebräisch und nicht zu vergessen wie immer Kulinarisch. Gemeinsames Frühstück, schnell noch Cookies backen, lustige warm ups, erlebnisreiche Führung durchs Kraftwerk mit Frau Werner. 5-6 Stunden suchen, beobachten, schärfen, abdrücken, experimentieren, inspirieren, inszenieren, stylen, gestikulieren. Gemeinsames vegetarische Kochen am Abend: Pizza, Lasagne, Hummus und Chachukka. Shabbat, Shabbatlieder mit Roi an der Gitarre, endlose Abende mit der Auswahl des Tages, erschöpft von den Bildern des Tages.

Dirk Böhme(Grafiker) und Roi und Michaela Kfir (Fotografen, Israel) betreuten den interkulturellen Workshop.

m.m. und d.b.